Aus Mangel an Raum und zur Abwehr gegen das steigende Wasser waren die Floodlands im frühen 19. Jahrhundert ursprünglich ein ehrgeiziges Projekt des Bürgermeisters zur Neulandgewinnung im East River zwischen Manhattan und Brooklyn. Er wollte der Welt damit ein weiteres Mal beweisen: Hier in New York ist alles möglich, alles machbar. Was man hier erschafft, weist dem Rest der Welt den Weg in die Zukunft.
Jedoch erwiesen sich die Bauarbeiten schwieriger als gedacht, unzählige Male zerstörten Sturmfluten die gerade erst mühsam errichteten Grundpfeiler.
Als das Fundament schließlich ausreichend gefestigt und gesichert war, begann die Zeit der großen globalen Klimaflucht. Von nun an strömten nicht mehr hunderte, sondern tausende neue Menschen täglich in das ohnehin bereits überfüllte New York.
Die zum Großteil mittellosen Flüchtlinge sammelten sich am einzigen Ort New Yorks, der noch unbebaut war und überzogen die Floodlands quasi über Nacht mit Behausungen, zusammengezimmert aus allem, was sich im Abfall der Reichen finden ließ.
Niemand wusste, wohin mit all den Menschenmassen. Hätte man sie gewaltsam verjagt, so wären zehntausende Obdachlose ziellos durch die Straßen und Parks der Stadt gestreunt. Ausgehungert wie herrenlose Hunde, ohne Heim und ohne Geld, früher oder später zu allem bereit. Dieses Szenario musste die Stadtverwaltung unter allen Umständen vermeiden und so tolerierte man die illegale Besiedlung der Floodlands zunächst stillschweigend. Man war sich sicher, der Strom an Migranten würde verebben und die Bewohner würden, sobald sie etwas Geld zusammen gespart hatten, sicherlich weiterziehen, denn wer will schon auf Dauer in einem Stall im Schatten der Wolkenkratzer Manhattans leben?
Als man schließlich begriff, dass diese Menschen gekommen waren, um zu bleiben, sei es, weil sie es wollten oder weil sie keine Alternativen hatten, war es zu spät, um die Siedlung aufzulösen. Unzählige Flüchtlinge kamen erst allein und ließen, sobald es irgendwie möglich war, ihre Familien und Angehörigen nachkommen. Innerhalb weniger Jahre explodierte die Zahl der dort lebenden Menschen. Genaue Daten oder Erhebungen gibt es nicht, die Schätzungen reichen von 75.000 bis 250.000 Bewohnern.
Die Floodlands waren ein fester Bestandteil der Stadt geworden, ein Geschwür, das zu groß geworden war, um es zu entfernen.
Jeder im Stadtrat weiß, dass die Grundpfeiler und Konstruktionen seit ihrer Fertigstellung nicht mehr begutachtet oder gar gewartet worden waren. Das Geld hierfür hätte von reichen Bürgern und Unternehmen kommen sollen, für die das Neuland ursprünglich geschaffen wurde. Der Teil der Bevölkerung, der nun dort haust, kann froh sein, wenn er täglich etwas zu beißen bekommt, und mit etwas Glück noch irgendwo Kleidung und Kohle für den Ofen auftreiben kann.
Die Stadt überlässt die Floodlands einfach ihrem Schicksal, was Verbrechen, Gewalt und Kriminalität Vorschub leistet. Raub, Vergewaltigungen und Mord sind an der Tagesordnung. Lediglich ein einziges Revier der Polizei ist für das Viertel zuständig: das New York Floodlands Police Department.